Einleitung
In den letzten Jahren ist der E – Commerce stark angestiegen und mit
ihm auch die Anzahl der Retouren. Im europäischen Vergleich hatte
Deutschland im Jahr 2019 mit 53 Prozent den größten Anteil an Personen,
die in den vergangenen zwölf Monaten online bestellte Waren retourniert
haben. In Deutschland beläuft sich die geschätzte Zahl der retournierten
Pakete im Jahr 2020 auf 315 Mio.(Statista, 2021).
Die Retouren verursachen einen riesigen logistischen Aufwand,
verbunden mit einem erhöhten Ausstoß von Treibhausgasen. Für viele
kleine Unternehmer können die Retouren sogar eine Bedrohung für das
gesamte Unternehmen bedeuten. Retouren bedeuten neben dem erhöhten
Ausstoß von Treibhausgasen, auch eine Verschwendung von Ressourcen, weil
viele Produkte nach ihrer Rücksendung vernichtet werden. Bei einigen
Produktarten werden sogar mehr als die Hälfte der Bestellungen
retourniert. Doch wie können Unternehmer die Anzahl der Retouren senken,
um ihren Gewinn zu maximieren und gleichzeitig einen Beitrag zur
Nachhaltigkeit zu leisten? Dabei unterscheidet man zwischen zwei
verschiedenen Herangehensweisen, der Retourenvermeidung und der
Retourenverhinderung.
Retourenmanagement: Retourenvermeidung und
Retourenverhinderung
Grundsätzlich gibt es zwei verschiedene Möglichkeiten der Prävention
von Retouren: Die Retourenvermeidung und die Retourenverhinderung.
1. Retourenvermeidung
Umfasst alle Maßnahmen, welche vor und nach der Bestellung
durchgeführt werden, um die Ursachen für eine Retour zu vermeiden. Damit
Sie einen Überblick der Maßnahmen erhalten können, haben wir die
wichtigsten für Sie zusammengefasst.
Detaillierte
Produktbeschreibung
Kund:innen können Produkte online weder anfassen noch ausprobieren,
weshalb eine genaue und detaillierte Produktbeschreibung besonders
wichtig ist. Die Universität Regensburg fand 2013 in einer Umfrage
heraus, dass 87% der Händler:innen eine ausführliche Produktbeschreibung
als den wichtigsten Faktor sehen, der die Anzahl der Retouren minimieren
kann. Potenzielle Kund:innen müssen durch die Beschreibung abschätzen zu
können, inwiefern das Produkt zu ihren Bedürfnissen passt. Vor allem
sogenannte Auswahlbestellungen (Bestellung mehrerer Varianten eines
Produkts z.B. den gleichen Schuh in verschiedenen Größen bestellen)
können so reduziert werden.
Hier gilt es, die Produkte ansprechend und realitätsgetreu
darzustellen. Online-Händler:innen können sich hierzu einer Vielzahl von
Techniken bedienen
Bilder: Verwenden Sie hochauflösende Bilder, welche mittels Zooms
genauer betrachtet werden können.
Videos: Durch Videos können spezielle Funktionen besser dargestellt
werden.
360° Bilder & Videos: Ermöglichen es Kund:innen, die Produkte aus
jeder Perspektive zu betrachten.
Augmented Reality: Computergestützte Erweiterung der
Realitätswahrnehmung. Kund:innen können online Produkte ausprobieren
oder direkt in ihrem Umfeld einsetzen. Abgesehen von der fehlenden
Haptik, kann so ein Gefühl ähnlich wie in einem lokalen Geschäft
ermöglicht werden.
Die Erstellung detaillierter Produktbeschreibungen kann aufwändig und
kostenintensiv sein und sollte dementsprechend genau abgewogen werden.
Allerdings verringert eine genaue Beschreibung nicht nur die Retouren,
sondern erhöht auch die Konversionsrate. Im Bereich Fashion bieten viele
Händler verschiedene Hilfsmittel zur Größenbestimmung an.
Kundenbewertungen
Die Sichtbarkeit von Kund:innen bewertungen im Online-Shop ist
heutzutage unerlässlich. Online-Shops, welche keine Kundenbewertungen
anzeigen, kommen für viele Konsument:innen erst gar nicht in Frage. Die
meisten Kund:innen verlassen sich mehr auf Bewertungen, als auf die vom
Händler angegebenen Informationen. Passen Sie Ihre Beschreibung an die
Kundenbewertungen an. Häuft sich zum Beispiel die Beschwerde, dass ein
Produkt zu klein ausfällt oder für eine bestimmte Tätigkeit doch nicht
geeignet ist, so sollte das in der Beschreibung erwähnt werden.
Animieren Sie Ihre Kund:innen zusätzlich dazu, nach einem Kauf eine
Bewertung abzugeben. Dafür kann man auch kleine Incentives anbieten, wie
z.B. kostenlosen Versand bei der nächsten Bestellung.
Analyse der
Kundendaten
Die Analyse der Kund:innendaten ermöglicht es, Merkmale zu
identifizieren, welche auf eine mögliche Retour hinweisen. Passen
ausgewählte Teile im Warenkorb nicht zusammen (z.B. komplexe
Computerteile), so kann man Kund:innen durch eine Warnung darauf
aufmerksam machen. Die Retourenquote kann ebenfalls berücksichtigt
werden und Kund:innen können auf die Folgen von Retouren aufmerksam
gemacht werden.
Kostenlose
Beratung (digital & persönlich)
Geben Sie Ihren Kund:innen die Möglichkeit, sich in Ihrem Online-Shop
kostenlos beraten zu lassen. Dies kann digital mithilfe von
Conversational Consulting Software oder durch geschultes Personal
passieren. Das Anbieten einer Service Hotline, Chats oder E-Mail Support
sollte zu jedem Online-Shop gehören. Es empfiehlt sich, eine
Conversational Consulting Software sowie Guided Selling zur
Unterstützung der Mitarbeiter:innen zu benutzen. (Zu Conversational
Consulting (Link) und Guided Selling (Link) haben wir bereits Artikel
geschrieben.) Durch ein effizientes Zusammenspiel von Mensch und
Maschine kann die Kundenzufriedenheit gesteigert und die Retourenquote
gesenkt werden. Auswahlbestellungen können auf eine maximale Anzahl an
Variationen begrenzt werden.
Einhaltung der
Lieferzeit und Qualität
Die Einhaltung der Lieferzeit ist ein wichtiges Kriterium, besonders
vor wichtigen Feiertagen. Oft brauchen Kund:innen ein Produkt zu einer
bestimmten Zeit und können es später nicht mehr gebrauchen bzw. kaufen
es dann doch noch schnell im stationären Handel. Dann wird das online
bestellte Produkt natürlich zurückgeschickt. Dabei gilt die Devise
„Nichts versprechen, was man nicht halten kann“. Natürlich sind Services
wie ein schneller Versand wichtig, doch den meisten Kund:innen ist eine
Einhaltung der Lieferzeit wichtiger als eine Zustellung am gleichen Tag.
Eine verspätete Lieferung erhöht jedoch nicht nur die Wahrscheinlichkeit
einer Retour, sondern führt auch oft zu Verärgerung auf Seiten der
Kund:innen und im schlimmsten Fall zu einem Wechsel zur Konkurrenz. Es
sollten unbedingt bruchsichere Verpackungen gewählt werden, um eine
Beschädigung während der Lieferung auszuschließen.
Nachentscheidungsdissonanz
reduzieren
Dann ist da noch die Sache mit der Nachentscheidungsdissonanz. Dafür
müssen wir einen kleinen Ausflug in das Feld der Psychologie
unternehmen. Kognitive Dissonanz bezeichnet einen Spannungszustand, der
von Menschen als unangenehm empfunden wird und durch zwei oder mehr
widersprüchliche Kognitionen entsteht. Kognitionen bezeichnen mentale
Ereignisse, welche mit einer Bewertung verbunden sind, wie zum Beispiel
Gedanken, Meinungen, Einstellungen, Absichten und Wünsche.
Die Nachentscheidungsdissonanz entsteht vor allem, wenn wir eine
Entscheidung treffen, mit der wir nicht ganz zufrieden sind. Das trifft
häufig auf, wenn die Alternativen ebenfalls attraktiv waren. Im
Nachhinein werden die Eigenschaften der Produkte anders gewertet; die
Alternative wird höher eingestuft und es kommt zur Retour.
Es hilft bereits, sich kurze Zeit nach dem Kauf per E-Mail über die
Zufriedenheit der Kund:innen mit dem zuvor erworbenen Produkt zu
informieren, oder zeigen Sie den Kund:innen weitere Vorteile und
Anwendungsmöglichkeiten des Produkts. Gehen Sie auf die Bedürfnisse der
Kund:innen ein und versuchen Sie, ihnen zu erklären, welchen Nutzen das
Produkt bieten kann.
Retourenverhinderung
Retourenverhinderung bezeichnet alle Maßnahmen, welche nach der
Lieferung ansetzen und darauf ausgelegt sind, Rücksendungen zu
erschweren oder komplett zu unterbinden. Dabei gibt es sowohl Methoden
mit Kompensation als auch ohne. Kompensation wird hier als finanzieller
Anreiz verstanden. So kann man statt der Retoure zum Beispiel anbieten,
einen Teilbetrag zurückzuerstatten oder einen Gutschein für die nächste
Bestellung auszuschreiben. Letzteres macht eine neue Bestellung
wahrscheinlicher und ist daher empfehlenswert. Die Methoden, die keine
Kompensation anbieten, zielen auf die Erschwerung der Retoure. Die Hürde
des Rückversands kann gesteigert werden, indem kein Rücksendeetikett
beigelegt wird und dieses erst online beantragt werden muss. Auch das
Ablehnen der Übernahme der Rücksendekosten ist eine häufige Strategie
einiger Unternehmen.
Maßnahmen, die keine Kompensation beinhalten, sind aber
problematisch. Kund:innen nehmen diese oft als schlechten Service wahr
und registrieren zusätzlich ein höheres Risiko für den Kauf. Das kann
schnell dazu führen, dass die Bestellung bei Ihnen unattraktiver wird
als bei der Konkurrenz. So könnten die Maßnahmen, die umsatzsteigernd
sein sollen, einen Kauf ganz verhindern. Außerdem zählen kostenlose
Rücksendungen und das Ermöglichen einer einfachen Retour mittlerweile
zum Standard vieler Online-Shops. Um mitzuhalten, ist das Anbieten
dieser Serviceleistung leider Pflicht.
Fazit
Es gibt viele Maßnahmen, die auf die Minimierung der Retourenanzahl
abzielen. Die Besten darunter informieren Kund:innen präzise und
realistisch über das Produkt, damit sie erst gar nicht daran denken, das
Produkt zurückzuschicken. Insbesondere kompetente Beratung ist hier am
effizientesten. Denn so können Kund:innen zum richtigen Produkt geführt
werden, nachdem all ihre Anforderungen überprüft worden sind - auch
jene, an die Kund:innen noch nicht gedacht haben. Falls es dann doch zum
Retourenwunsch der Kund:innen kommen sollte, ist von einer
Retourenverhinderung ohne Kompensation abzuraten. Es geht nicht darum,
den Service der Retoure zu verweigern. Vielmehr soll er durch richtige
Beratung gar nicht nötig sein.